Gartenreisen: Die Grand Tour für romantische Entdecker
von Prof.Dr. Ruprecht Rümler
redaktionell bearbeitet von Christoph Laade –
„Wer reist, sollte Botaniker sein, denn Pflanzen sind die größte Zierde jeder Landschaft“
(Charles Darwin)
Gartenreisen werden mit zunehmender Gartenbegeisterung immer beliebter. Viele Reisende von Gartenreisen Laade nennen als Motivation ihrer Besuche in England, Frankreich oder den Niederlanden die Hoffnung, Anregungen für den eigenen Garten zu finden. Fürwahr finden sich stets mehr doppelseitige Staudenbeete, kunstvoll geschnittene Gehölze und von Rosen eroberte Obstbäume in deutschen Gärten. Mancher Gartenarchitekt bringt mutig moderne Materialien in die Anlagen. Die Palette der Gestaltungsmöglichkeiten scheint unendlich zu sein. Guten Geschmack kann man sich jedoch nicht einfach um die Ecke kaufen. Um die Gartenfreude zu vertiefen, ist es sicher belebend, andere Gärten zu besuchen, womit heutige Gartenreisende auf den Spuren so mancher Hochwohlgeborener wandeln.Mit freundlicher Verwendung des Artikels: Gartenreisen – gestern, heute, morgen (Ulmer 2012) von Prof. Dr. Ruprecht Rümler beleuchten wir das Phänomen Gartenreisen.
Die Pioniere:
Pflanzenjäger In den letzten rund 400 Jahren hat sich die europäische Flora durch das Wirken weit reisender ,,Pflanzenjäger“ und Naturforscher stark verändert. Zahlreiche Pflanzen wurden oft nach abenteuerlichen Ekcursionen bei uns eingeführt.
Elizabeth Banks hat in ihrem Buch „Creating Period Gardens“ 1991 aufgezeigt, wann die Pflanzen in die europäischen Gärten einzogen. Von 1700 – 1900 listet Banks die Neuankömmlinge auf. Für Gartenreisende heute eine hervorragende Quelle zur Beurteilung der authentischen Pflanzenvielfalt in historischen Gärten. Ausführliche Angaben zu den Pflanzensammlern selbst findet man unter dem Stichwort ,,Plant-collecting“ im ,,Oxford Companion to Gardens“ 1986. Fest steht, dass ohne den Mut und die Pionierarbeit der Pflanzensammler unsere heutige Pflanzenwelt ein wesentliches Stück ärmer wäre.
Die Grandtour – Gentlemen auf Reisen
Zu Jane Austens Zeiten um 1800 gelangte das Phänomen der freundlichen Herren, der Gentlemen zur Blüte. Besitz allein reichte nicht aus, um gesellschaftliche Anerkennung zu erlangen. Junge Müßiggänger begaben sich von England über das Rheintal nach Italien, um romantische (= verfallene) Burgen und Schlösser zu zeichnen und die Orte der Antike zu besuchen, die sie aus Büchern oder von Gemälden kannten. Man pflegte weit zu reisen und sammelte vor allem Kunstwerke. Die geschmackvolle Gestaltung der Außenanlagen am Landsitz galten als die höchste aller Künste. Die Grand Tour auf den Kontinent wurde geradezu zur Pflicht.
Ab nach Kassel
Herrscher wie der Landgraf Karl von Hessen-Kassel (1677-1730) leisteten sich solche Gärten und Kunstreisen schon früher und importierten bereits Gartenideen aus der Ferne. Die Anregungen für die berühmte Wassertreppe im Bergpark Kassel Wilhelmshöhe hatte Landgraf Karl zuvor durch eine Gartenreise nach Italien im Winter 1699/1700 erhalten. Karl beauftragte den Architekten Francesco Guerniero (um 1665-1745) mit der Planung einer gigantischen Anlage. Die Geländemodellierungen beschränkten sich dann aber auf die lange geometrische Achse mit der berühmten Wassertreppe.
Italienische Kunst für Irland
Die Mode den Süden zu bereisen ebbte nicht ab. Auch 100 Jahre nach dem Landgrafen Karl aus Kassel kamen wiederum Anregungen aus Italien. So ließen die Lordschaften von Powerscourt ihren Garten südlich von Dublin ab 1818 zunächst im terrassierten italienischen Stil bauen. Als Fürst Pückler am 30.8.1828 Powerscourt besuchte, hatten bereits über 100 Arbeiter mehr als 10 Jahre einen geometrischen Terrassengarten im italienischen Stil angelegt.Endlich fertig, entsprach die Anlage jedoch schon nicht mehr dem Zeitgeist. Wer modern sein wollte, brauchte jetzt einen Landschaftsgarten. So wurde das Gelände wieder in einen Hang mit landschaftlichen Zügen verwandelt. Drei Generationen später, in viktorianischen Zeiten wurden erneut gewaltige Erdmassen bewegt, diesmal mit Hilfe von Dampfpflügen. Es entstand der prachtvoll gepflasterte „Treppengarten“, wie er sich uns heute darbietet. Über 170 Jahre wurden an diesem Garten gearbeitet. Fast alle Anregungen für die Gestaltung holten sich Opa wie Urenkel durch gezielte Reisen auf den Kontinent.
Einkaufsliste des 6.Viscount Powerscourt
Für die Ausstattung seines Gartens reiste der Viscount 1841 zunächst nach Italien. Dort kaufte er die Kopien der Statuen von Laokoon, Apollo Belvedere und Diana in Rom. Ein schlafender Faun und der sitzende Merkur wurden in den klassischen Ruinen von Herculaneum gefunden. Bronzene Kopien von Urnen und von Vasen stammen aus den Gärten Bagatelle in Paris. Die Sammlung schmiedeeiserner Ornamente enthält ein vergoldetes Tor aus Venedig und das Geländer eines Patrizierhauses aus Hamburg. Das berühmte perspektivische Tor stammt aus dem Dom zu Bamberg. Zwei Pegasi wurden 1866 von Professor Hagen in Berlin angefertigt. Mit den „Eroberungen“ aus vielen Reisen wurden die Gärten also künstlerisch ausgestattet.
Bürgerliche Gartenreisen
Mit der Gründung der englischen Royal Horticultural Society 1804 kamen Gartenreisen für größere Besuchergruppen in Schwung. Auch in anderen Ländern wurden zahlreiche Gartengesellschaften gegründet. Die Beschäftigung mit Pflanzen trat wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Der Hunger nach Pflanzen aus neuen Welten wuchs. Pflanzenjäger wurden mit Unterstützung der Royal Horticultural Society und des Royal Botanic Gardens in Kew in alle Teile des britischen Weltreiches geschickt und brachten Wunderbares wie Rhododendren, Kamelien und Bambus mit nach Hause. Pflanzen, die heute wie selbstverständlich zum Garteninventar gehören, wurden bei ihrer Einführung ehrfürchtig bewundert und förderten mit jeder neuen Blüte auch den Trieb der Gärtner andere Gärten zu besichtigen.Eine Entwicklung, die sich bis heute fortsetzt. Die wunderbare Vitalität der Natur gebiert eben wahrhaft Schönes.
Prof. Dr. Rümler beschließt seinen Artikel mit einem Blick zurück und in die Zukunft. Alle Parks und Gärten dienten oder dienen den Absichten der Menschen, die sie anlegten. Sie sind und bleiben Teil unseres Lebensstils. Blickt man in die Geschichte zurück, dann waren Parks und Gärten schon immer eine Offenlegung der Begeisterung und Selbstbestätigung ihrer Besitzer. Daher machen uns die einzelnen Gartenschöpfungen immer wieder neugierig. Wenn Darwin ein Gartenfreund gewesen wäre, hätte er sagen können: Wer reist, sollte Gärtner sein, denn Gärten sind die Offenbarung eines jeden Reiselandes.
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Besuchen Sie England, dann z.B Frankreich oder Italien und schließlich Belgien / Deutschland oder die Niederlande. Die Reihenfolge der Reiseziele ist beliebig, wichtig ist der Wechsel der Reiseländer.