Reisebericht Antiquitäten und Gartenromantik
04.09. – 09.09.2023
Die letzten Meter zum Garten sind in Kent und Sussex die spannendsten.
Fahrer Herrmann blickt verwundert um die Ecke und meint nur: hilft ja nichts, da müssen wir durch. Der Bus wird im Hohlweg von allen Seiten von Zweigen massiert – die Pflanzen sind nicht weiter wie nötig geschnitten und neigen sich zum Grünen Tunnel über die Straße. Irgendwo geht es in einen Feldweg ab zum Garten.
Ein älterer Herr weist uns den Weg – leider den falschen, der mitten durch eine Apfelpflanzung führt. Prächtige Rote Äpfel glänzen an den Bäumen. Glücklicherweise führte die Besitzerin der Anlage gerade ihren Hund aus und ruft ihren Mann an der, direkt vorgefahren kommt und uns das rückwärtige Tor öffnet. Eine Ausfahrt weiter und wir stehen im Garten Mount Ephraim. Das Manorhouse liegt mitten auf einem Hügel mit Aussicht über die weitläufigen Landschaftsgärten mit jahrhundertealten Baumpersönlichkeiten. Besonders prächtig: die doppelseitige Eibenallee, die zu fantasievollen Figuren geschnitten wurde. Diese ist gesäumt von einem Staudenbeet, das auch im September noch bunt und vielfältig die Ziegelmauer der Wirtschaftsgebäude säumt. Aber zunächst geht es zum Tearoom, wo köstliche Sandwiches gereicht werden. Wir genießen beim Lunch den Ausblick in die Weite. Gemächliches befreiendes Landleben.
Die Eiben erinnern uns an die mit Thymian unterpflanzte Sichtachse im Garten Highgrove, den wir zwei Tage vorher besuchen konnten. Maggie unser englischer Guide erläutert die Gärten, die Charles als Prinz, man muss sich erstmals an King Charles gewöhnen, ließ. Hohe gärtnerische Klasse unserer Tage mit einer Stumpery, einem mystischen Schattengarten mit Bergen aus umgedrehten Wurzeln als Pflanzunterlage für Farne, Hostas. Mitten in diesem Garten ein Pavillon aus kunstvoll verarbeiteten Eichen, der an Queen Mum die „much beloved grandmother“, des Königs erinnert. Die freundlichen Ideen von Charles zeigen sich auch im staudenreichen Cottagegarten. Ich genieße beim Schreiben gerade Lemmon Biskuits aus der eigenen ökologischen Produktion von Charles. Einfach und geheimnisvoll.
Ein weiterer König Charles, nämlich der 2. begegnet uns im Restoration House in Rochester. Dieser weilte hier 1660 vor seiner Rückkehr nach London und der Wiederherstellung der Monarchie. Respekt gebührt dem heutigem Besitzer Robert, der in 30 Jahren Haus und Gärten mit großem Kunstverstand in der Stimmung der ihrer Entstehung aufleben ließ. Vor allem die Gärten hat Robert mutig zu einem charmanten Gesamterlebnis weiterentwickelt. Auch der Pflanzenkenner und Gärtnermeister aus der Gruppe kannte nicht alle südländischen Pflanzen im Garten wie Honigstrauch und den 4m hohem Kanarischen Natternkopf, die hier geschützt an Südmauern gedeihen.
Die Freunde von Besonderem, Kuriosem und liebevollen kamen auf der Antiquitätenmesse in Ardingly große Augen. Ob golden gewienerte Ferngläser, wehenden Seidenkleider, schweren Massivmöbeln oder feines Geschirr – an einem der der 1700 Stände sollte ein romantisches Herz höher schlagen. Ich war von kunstvoll in Bilderrahmen gepressten filigranen Seealgen angetan.
Trotz der Hitze ist die Stimmung in der Gruppe freundlich und gelöst. Beim Abendessen im historischen Audley Wood Hotel tauscht wir uns über Gärten und Gott und die Welt aus.
Eine weitgereiste Gartenfreundin fasste die Erlebnisse für sich zusammen: In der Kombination aus historischen Bauwerken, unendlichen Parks und liebevoller Bepflanzung bis ins Detail und lebensfrohen Gartenladies und Gentlemen sind die englischen Gärten schlicht nicht zu toppen. Ich komme immer wieder gerne.
Bericht von Christoph Laade