Das Wesentliche geschieht im Verborgenen

von Dr. Wim Baas, Westbroek (NL) – Bekannt ist, dass im Naturgarten Kompost anstelle von Kunstdünger verwendet wird. Weniger bekannt ist die vitale Rolle von Bodenschimmeln für den Nährstoff- und Wasserhaushalt des Gartens. Blattstreu und Totholz sind die Nährstoffe für lebensspendende Schimmelarten.

Geben und nehmen in Garten und Landbau

Wood Wide Web

90% aller Pflanzen sind abhängig    von Bodenschimmel. Nur ein.- und zweijährige Pionierpflanzen, wie die Ackerunkräuter bilden selbst ein Wurzelsytem mit feinen Wurzelhaaren aus. Stauden aber bedienen sich bei der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen einem Geflecht von Millionen von feinen `Haaren´ der Bodenschimmel. Diese Schimmelwolken, das Mycelium bilden zusammen mit der Pflanzenwurzel das Mycorrhiza, wörtlich übersetzt die `Schimmelwurzel´.

In einem ungestörten Boden verflechten sich die unterschiedlichen Schimmelarten zu einem gut verknüpften Netzwerk – vergleichbar mit dem Internet. Tiefliegende Bodenschichten werden dabei mit der Oberfläche verbunden – ein steter Ausstauch von Wasser und damit auch Nährstoffen kommt in Gang. Dieses feine Netzwerk lässt auch bei heißem Wetter keine Pflanze „hängen“. Für Wasserzufuhr ist immer gesorgt. Im Garten muss nicht gegossen werden.

Je weniger der Boden gestört wird, desto mehr Schimmelarten siedeln sich an. Die Diversität im Untergrund strahlt auch auf die Pflanzenvielfalt aus.

Symbiose liegt in den Genen

gaensebluemchenorchideenDie Basis der guten Zusammenarbeit zwischen Gefäßpflanzen und Schimmeln ist durch die Entstehung der Landpflanzen begründet. Eine Pflanze ist nichts anderes als eine Chimäre aus Wasseralgen und aquatischen Schimmeln. Dies ist wohl der Grund warum Organismen (mit großem Wasserbedarf) aus dem Urmeer, an Land überleben konnten. Letztlich muss eine Landpflanze ja zweierlei können: Einmal mit ihren runden grünen Pflanzenzellen das Sonnenlicht in primäre Nährstoffe also Zucker und Eiweiß umsetzten. Diese Fähigkeit haben die Landpflanzen von den Algen geerbt. An Land musste jedoch auch ein stabiles Stützgewebe aufgebaut werden. Diese Eigenschaft brachten die Schimmel ein. Die langen Zellen der Schimmel wurden zum Transportgewebe der Pflanzen. Schimmel beherrschen jedoch noch eine weitere essentielle Fähigkeit: Sie können die Zuckerproduktion der grünen Blätter in sekundäre Pflanzenstoffe umsetzten. Letztere sind wichtig für den Aufbau des Stützgewebes der Pflanzen. Damit konnten sich schwabbelige Meeresalgen an Land der Sonne entgegenrecken.

Wasserversorgung und Recycling – Aufgabe der Schimmel

Die Wasserversorgung lassen die Gefäßpflanzen weiterhin von ihren nahen Verwandten den Bodenschimmeln durchführen. Als Dank für diese Arbeit erhalten die Schimmel die durch die Fotosynthese produzierten Zuckerstoffe. Schimmel können nicht nur sekundäre Pflanzenstoffe ( z.B Holz ) formen, sie können diese Stoffe auch wieder aus totem Material für die Pflanze aufarbeiten. Bei dieser Verbrennung wird Energie frei, die die Pflanze nutzten kann. Der Schimmel ist also das Kraftwerk für die chemische Fabrik Pflanze.

Anfang vom Ende – oder Besinnung

orchidee

Zentrale Energiequellen für die Pflanze und ihre symbiotischen Bodenschimmel sind also Sonnenlicht für die grünen Pflanzen und Humus für die Schimmel. Geht der schwarze humusreiche Boden verloren, wie es bei Rodungen, gehen lebensspendende Prozesse verloren.
Alle großen Kulturen sind auch durch den Raubbau an der scheinbar so unwichtigen Humusschicht zugrunde gegangen.
Es ist an der Zeit die Erkenntnisse von der Bedeutung der Bodenprozesse weiter in Garten; Forst- und Landwirtschaft anzuwenden.

 

 

 

 

wim-baasAus dem Niederländischen übertragen und gekürzt nach einem Text aus:

Oase; Frühling 2013

Dr. Wim Baas,

Chemiker und Ökologe hat bis zu seiner Pensionierung u.a. über sekundäre Pflanzenstoffe an der Universität Utrecht geforscht.